Richtige Umgangsformen leben Eltern ihren Kindern vor – Benimmregeln: Ab welchem Alter kann von Kindern verlangt werden, höflich zu sein? Handelt es sich bei Höflichkeit lediglich um leere Floskeln? Wie drückt sie sich aus und wie können Kinder sie lernen?
Höflich sein bedeutet Respekt
Kinder äußern sich bisweilen unbedacht und nicht immer höflich. Ebenso, wie sie die Sprache erlernen, müssen sie verschiedene Umgangsformen lernen. Dazu zählt beispielsweise, einem anderen Kind nicht einfach das Spielzeug wegzunehmen, sich für etwas zu bedanken, sich für einen Fehler zu entschuldigen.
Dies setzt ein gewisses Maß an Sozialkompetenz voraus. Die eigenen Bedürfnisse stehen nicht immer im Vordergrund, auch die anderer Menschen müssen anerkannt werden. Ein harmonisches Miteinander basiert auf Kompromissen.
Kinder wünschen sich, so wie sie sind akzeptiert zu werden und dass ihnen freundlich begegnet wird. Dieselbe Haltung sollten sie anderen Menschen entgegenbringen. Das ist jedoch ein Lernprozess.
Umgangsformen im Elternhaus
Gelegentlich kochen auch bei Erwachsenen die Emotionen über oder sie reagieren stressbedingt ungehalten. Das ist menschlich, diese Erfahrung dürfen auch Kinder sammeln. Das schließt jedoch einen grundsätzlich respektvollen Umgang miteinander nicht aus. Wie das funktioniert, leben Eltern ihren Kindern vor.
Der Morgen beginnt idealerweise mit einer freundlichen Begrüßung, ein Danke drückt Anerkennung aus, eine Bitte klingt weniger nach einer Forderung und eine Entschuldigung bekundet das Eingestehen eines Fehlers.
Sitzen Sie selbst so am Tisch, wie Sie es auch von Ihrem Kind erwarten, und sprechen Sie nicht mit vollem Mund. Äußern Sie Kritik ruhig und sachlich, vermeiden Sie Anschuldigungen.
Die Umgangsformen setzen sich außerhalb der eigenen vier Wände fort. Die Nachbarn werden gegrüßt, die Kassiererin erhält einen Dank für das Wechselgeld, und wenn Ihr Kind die Sandburg eines anderen zerstört hat, gehen Sie gemeinsam hin und entschuldigen sich. Entsorgen Sie Abfälle in den vorgesehenen Behältern, statt sie achtlos auf die Straße zu werfen. Sie zeigen Ihrem Kind, wie es funktioniert.
Ob es sich bei höflichen Äußerungen lediglich um bedeutungslose Floskeln handelt, entgeht Ihrem Kind keineswegs. Es nimmt nicht nur die Worte auf, sondern erfasst auch die Gestik und Mimik. Eine missmutig dahingenuschelte Begrüßung ohne Blickkontakt wirkt kaum überzeugend. Drückt das Gesicht jedoch Freundlichkeit und Offenheit aus, verbirgt sich Ehrlichkeit dahinter.
Haben Sie beim Staubsaugen versehentlich den Bauklotzturm Ihres Kindes umgeworfen, gestehen Sie Ihr Missgeschick mit einer Entschuldigung ein. Bieten Sie Ihrem Kind an, den Turm gemeinsam wieder aufzubauen, ist das eine Wiedergutmachung und Zeichen Ihres ehrlichen Bedauerns.
Sind derartige Umgangsformen Ihrem Kind vertraut, fällt es ihm nicht schwer, sie sich selbst anzueignen, selbst einen gesunden Respekt anderen gegenüber zu entwickeln und diesen durch freundliche Worte und Gesten auszudrücken. Für Außenstehende wirkt ein solches Kind höflich.
Das Kind beherrscht die Umgangsformen nicht?
Stumm nimmt Ihr Kind ein Geschenk entgegen und bedankt sich nicht. Auch der Gruß bei einer Begegnung kommt nicht über die Lippen. Von einer Entschuldigung, wenn es etwas kaputt gemacht hat, ist es ebenso weit entfernt.
Das kann verschiedene Ursachen haben. Kleine Kinder finden noch ihre Position im Leben und unter anderen Menschen. Einen Fehler oder ein Missgeschick einzugestehen, kratzt am Selbstwertgefühl und die Nachbarin ist vielleicht einfach unsympathisch. Statt einer freundlich formulierten Bitte äußert ein Kind möglicherweise ein bestimmtes «Ich will …» – schließlich will es ja etwas. Manche Kinder sind einfach zu schüchtern, um Höflichkeitsformen zu zeigen.
Zwingen Sie Ihr Kind nicht dazu: Das kann bei einem Kind Trotz hervorrufen und es ist erst recht unfreundlich, ein zurückhaltendes Kind fühlt sich eher überfordert und zieht sich zurück.
Stattdessen können Sie ganz selbstverständlich zeigen, wie es geht. Übernehmen Sie das Bedanken, wenn sich Ihr Kind schwertut. So können Sie zum Beispiel äußern, dass Sie und Ihr Kind sich sehr über das Geschenk freuen. Das «Wir» bezieht Ihr Kind ein, es fühlt sich durch Ihre Initiative nicht unter Druck gesetzt. Vielleicht dauert es gar nicht lange, bis sich Ihr Kind dem gemeinsamen Dank anschließt.
Zu Hause, in Abwesenheit Fremder, können Sie in Ruhe erklären, was es bedeutet, höflich zu sein, in welchen Situationen ein Danke angebracht ist und dass Entschuldigungen keine Abwertung der eigenen Person darstellen.
Auch ein dreijähriges Kind kann schon begreifen, dass verschiedene Benimmregeln Ausdruck eines respektvollen Umgangs miteinander sind und es durch deren Einhaltung Anerkennung erntet. Bis es in der Praxis funktioniert, ist Geduld erforderlich.
Schimpfworte sind toll
Es dauert nicht lange, und Ihr Kind erweitert seinen Wortschaft um unliebsame Begriffe. Nicht immer ist deren Bedeutung klar. Dass sich andere Menschen durch verschiedene Äußerungen verletzt fühlen können, weiß Ihr Kind noch nicht.
Verbieten Sie ungewünschte Ausdrücke, macht sie das erst interessant. Weisen Sie Ihr Kind darauf hin, was die Worte anrichten können – sicher möchte es auch nicht beschimpft werden.
Konsequenz
Natürlich gibt es Kinder, die sich tatsächlich unangemessen verhalten, obwohl sie wissen, dass sie damit Grenzen überschreiten. Wird mutwillig das Eigentum eines anderen Kindes zerstört oder kommt es zu Handgreiflichkeiten, ist konsequentes Einschreiten erforderlich. Das Kind muss spüren, dass sein Verhalten Folgen hat und nicht geduldet wird.
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Fazit
- Möglichst zwangloser Lernprozess
- Eltern fungieren als Vorbild
- Ausdruck von Respekt
- Akzeptanz der Grenzen anderer Menschen