Wie Eltern ihren Kindern Distanz und den sicheren Umgang mit Unbekannten erklären – Ein Kind kann bei allen Bemühungen nicht rund um die Uhr beaufsichtigt werden und muss lernen, wie es sich ohne Aufsichtsperson in der Öffentlichkeit verhält.
Nicht mit Fremden mitgehen – die Problematik
Für Kinder sind Erwachsene die «Großen», sie werden als Vorbilder angesehen. Auch fehlt Kindern die Lebenserfahrung, um Menschen und Situationen einzuschätzen. So sind sie im Kindergartenalter noch recht vertrauensselig und denken kaum daran, dass ihnen ein Mensch Böses will.
Hinzu kommt, dass sie nur eine vage Vorstellung davon haben, wer als Fremder zu betrachten ist. Einen Menschen, den sie jeden Morgen auf dem Weg zum Kindergarten an der Bushaltestelle sehen, «kennen» sie schließlich, ist er also ein Fremder? Den Polizisten, der helfen will, weil ein Kind sich verlaufen hat, hat es noch nie gesehen, er ist also ein Fremder.
Der Mensch von der Bushaltestelle spricht Ihr Kind mit Namen an, als er ihm unterwegs begegnet. Diesen hat er zufällig aufgeschnappt, als Sie vorbeigingen. Der unbekannte Polizist, der es anspricht, weiß den Namen hingegen nicht.
Die Differenzierung «fremd» oder «nicht fremd» gestaltet sich also schwierig. Es ist daher sinnvoller, Ihrem Kind zu erklären, wem es vertrauen kann, wie es sich in den unterschiedlichsten Situationen verhalten soll und an wen es sich bei Bedarf wenden kann.
Dabei ist es natürlich wichtig, es nicht zu verängstigen. Kennt es gewisse Regeln, gibt das Ihnen und Ihrem Kind ein Grundmaß an Sicherheit. Seien Sie sich bewusst, dass trotz Medienberichten Entführungen und Gewalttaten an Kindern durch Fremde selten sind – wesentlich häufiger stammen Täter aus dem näheren Umfeld. Bedenken Sie auch, dass Ihr Kind einen gesunden Umgang mit anderen Menschen lernen muss, um sich später im Leben zurechtzufinden.
Unterscheidung: Vertrauenswürdig oder nicht?
Mit der Aussage «Du darfst nicht mit Fremden mitgehen» sind Kinder im Kindergartenalter, bisweilen auch noch in den ersten Schuljahren, also überfordert. Sie verstehen besser, wem sie vertrauen können.
Wartet Ihr Kind einmal vor dem Kindergarten, der Schule oder dem Sportverein, weil Sie sich verspätet haben, sind zum Beispiel Erzieher, Lehrer und Trainer die richtigen Ansprechpartner. Diese wissen idealerweise, wie Sie zu erreichen sind, und können dafür sorgen, dass Ihr Kind nicht mit einer anderen Person mitgeht.
In fremder Umgebung ist es weniger einfach, eine vertrauenswürdige Person zu finden. Sie können Ihrem Kind aber erklären, dass eine Mutter mit Kind meist hilfsbereit ist und auch Polizisten immer gerne helfen. In einem Geschäft kann es sich an einen Mitarbeiter wenden, die Kasse – da, wo wir immer bezahlen – ist eine gute Anlaufstelle.
Ihr Kind soll nun nicht den Eindruck gewinnen, dass alle anderen Menschen schlecht oder böse sind. Es soll lediglich wissen, welche geeignete Ansprechpartner sind und genügend Selbstbewusstsein entwickeln, sich an diese zu wenden.
Es bietet sich an, unterwegs zu üben. Fragen Sie Ihr Kind, an wen es sich an diesem oder jenem Ort, in dieser oder jener Situation wenden würde, wenn Sie nicht da wären. Halten Sie gemeinsam nach als vertrauenswürdig einzustufenden Personen Ausschau. So gewinnt Ihr Kind an Sicherheit.
Szenarien mit Ihrem Kind besprechen
Wann kann Ihr Kind überhaupt in die Situation kommen, sich an Fremde wenden zu müssen oder von diesen angesprochen zu werden? Dass Sie sich beim Abholen verspäten, kann schon einmal vorkommen.
Sind Sie gemeinsam an belebten Orten unterwegs, können Sie Ihr Kind an der Hand halten oder zumindest beide darauf achten, dicht beisammenzubleiben. Trotzdem kann es vorkommen, dass Sie sich aus den Augen verlieren und Ihr Kind sich plötzlich alleine in der Menschenmenge wiederfindet. Für einen solchen Fall können Sie ihm erklären, dass es einfach an Ort und Stelle stehenbleiben soll – Sie suchen es schließlich dort, wo Sie sich zuletzt gesehen haben beziehungsweise im näheren Umkreis.
Ab einem gewissen Alter sind Kinder auch mal alleine unterwegs, sei es auf dem Weg in Kindergarten oder Schule, zum Spielplatz oder zu einem Freund. Hier besteht die Möglichkeit, dass es von Fremden angesprochen wird, idealerweise sind Kinder deshalb immer mindestens zu zweit unterwegs. Auch kann es sich verlaufen und in fremder Umgebung Hilfe benötigen.
Besprechen Sie solche Szenarien mit Ihrem Kind. Bei dieser Gelegenheit können Sie ihm auch erklären, wie es sich verhalten soll, wenn es angesprochen wird.
Verhaltensregeln und Sicherheitsmaßnahmen
Das typische Vorgehen von Tätern zielt darauf ab, Vertrauen aufzubauen oder zu verunsichern. Zu der klassischen Süßigkeitennummer gesellen sich andere verlockende Geschenke wie junge Katzen, Hunde oder Kaninchen, von denen sich das Kind eines aussuchen darf. Dafür müsste es natürlich mit der Person mitgehen.
Auch Vorwände wie ein entlaufener Hund und die Bitte, suchen zu helfen, wirken vertrauenerweckend. Vielleicht wird Ihr Kind gebeten, einem Menschen den Weg zum Supermarkt oder zur Bushaltestelle zu zeigen – die vermeintliche Hilflosigkeit des Gegenüber lässt ein Kind kaum böse Absichten vermuten.
Die Nachricht, dass Papa oder Mama einen Unfall hatte und es ins Krankenhaus gebracht werden soll, verunsichert ein Kind und überfordert sein Urteilsvermögen. So auch, wenn anderweitig Druck ausgeübt wird – Ihr Kind sieht aus wie eines, das gerade dabei beobachtet wurde, etwas angestellt zu haben und wird nun umgehend zu seinen Eltern gebracht.
Es ist wenig sinnvoll, derartige Eventualitäten detailliert zu erläutern. Ihr Kind muss wissen, dass es in solchen Situationen niemals mit der betreffenden Person mitgehen soll, ganz gleich, was sie sagt, sondern sich stattdessen an einen vertrauenswürdigen Menschen wenden.
Ohne Ihre Zustimmung soll es weder Geschenke noch Süßigkeiten annehmen noch anderweitig auf eine Person eingehen, die es anspricht. Es muss Sie immer erst fragen.
Wird es aus einem Auto heraus angesprochen, soll es Abstand halten. Beim direkten Gegenüber soll es sich mit einem lauten «Nein» äußern und sich entfernen, gegebenenfalls wegrennen oder auch um Hilfe rufen, wenn es bedrängt wird.
Sie können Ihrem Kind für alle Fälle ein Kärtchen mit Ihren Kontaktdaten geben, damit Polizei oder aufmerksame Passanten Sie informieren können. Dies sollte natürlich verdeckt getragen werden, geeignet ist ein Brustbeutel oder eine verschließbare Innentasche.
Im Alltag können Sie Ihrem Kind außerdem vorleben, wie Sie sich im Umgang mit anderen Menschen verhalten. Fragt Sie jemand nach dem Weg oder nach der Uhrzeit, geben Sie höflich, aber distanziert Auskunft.
Gegen ein kleines Pläuschchen mit der Kassiererin, anderen Müttern auf dem Spielplatz oder Erziehern ist nichts einzuwenden, diese zählen schließlich zu den vertrauenswürdigen Personen. Begegnen Sie einem Polizisten, können Sie freundlich grüßen.
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Ihr Kind soll nicht mit Fremden mitgehen – das können Sie tun:
- vertrauenswürdige Personen benennen
- Verhaltensregeln für verschiedene Situationen aufzeigen
- Rückfrage bei Ihnen, sollte es angesprochen werden
- keine Geschenke oder Süßigkeiten annehmen
- im Notfall weglaufen
- Selbstsicherheit aufbauen
- Seien Sie hellhörig, wenn sich Ihr Kind in seinem Verhalten stark verändert, sich zurückzieht oder ängstlich wird
- Trainieren Sie gemeinsam mit Ihrem Kind die Körpersprache. So kann es im Fall des Falles sicherer zeigen, wenn es etwas nicht möchte
- Erklären Sie Ihrem Kind, wenn es alt genug ist, die Gefahren im Internet
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.