Geschwister verbindet eine ganz besondere Beziehung, die zu den längsten im Leben eines Menschen zählt – Sie zoffen sich und schreien sich an, in der nächsten Minute sind sie wieder ein Herz und eine Seele.
Geschwister: Eine ganz besondere Beziehung zwischen Liebe und Rivalität
Obwohl das Verhältnis in der Kindheit und Pubertät oft von ambivalenten Gefühlen wie Liebe, Rivalität und Hass geprägt ist, profitieren Kinder von dieser Beziehung ein Leben lang. Welchen Einfluss Altersunterschied und Geschlecht haben und ob es die perfekte Geschwister-Konstellation gibt, lesen Sie in diesem Artikel.
Geschwister fördern die soziale Kompetenz
Kaum eine Beziehung ist so intensiv und ambivalent wie die zwischen Geschwistern: Sie vereint viele Emotionen, die von Zuneigung und Liebe bis zu Neid und Hass reichen können. Dieses Nebeneinander von starken positiven wie negativen Gefühlen wird von Psychologen als typisch für eine Geschwisterbeziehung bezeichnet.
Obwohl diese Ambivalenz unglaublich spannend ist, widmet sich die Wissenschaft erst seit gut 20 Jahren dieser ganz besonderen Beziehung zwischen Geschwistern.
Streit und lautstarke Auseinandersetzungen, aber auch Versöhnung und echter Zusammenhalt gehören, so anstrengend es für Eltern auch aussehen mag, zu einer normalen Geschwisterbeziehung dazu. Und es hat sogar Vorteile, mit einem Geschwisterkind aufzuwachsen: In einem geschützten Raum, wie dem eigenen Zuhause, lernen Geschwister den Umgang mit großer Nähe, Rivalität, Streit und Versöhnung. Die emotionale und soziale Entwicklung wird durch Geschwister stark gefördert: Sie müssen schon früh lernen, in der Familie miteinander zurechtzukommen.
Außerdem kämpfen Geschwister ständig um die Liebe und Anerkennung der Eltern. Um Konflikte und Rivalitäten auszutragen, müssen Kinder miteinander kommunizieren, verhandeln, aber auch Niederlagen einstecken, um zu einem Ergebnis zu kommen.
Nachgeben und Durchsetzen gehört für viele Geschwister zum Alltag. Diese erlernten «Soft-Skills» helfen ihnen später im Umgang mit Freunden, Partnern und Arbeitskollegen weiter. Geschwister spielen damit eine große Rolle bei der Entwicklung der sozialen Kompetenz.
Gibt es eine ideale Geschwister-Konstellation?
Auch wenn Eltern es sich nicht aussuchen können, ob sie Töchter oder Söhne bekommen, lohnt sich ein Blick auf die Geschwister-Konstellation Mädchen/Junge sowie den Altersunterschied. Bei gleichgeschlechtlichen Geschwistern mit einem geringen Altersunterschied stehen die Zeichen häufig auf Sturm: Sie rivalisieren und wetteifern öfter miteinander, weil sie in ihrem Alltag mehr gemeinsame Interessen und damit auch mehr Berührungspunkte haben.
Beziehungen zwischen Brüdern enthalten in der Regel mehr Konfliktpotential als eine reine Schwester-Konstellation.
Wesentlich harmonischer läuft es im Familienalltag beim großen Bruder und der kleinen Schwester ab: Ihre Lebenswelten wie beispielsweise Freunde, Hobbies und andere Interessen sind voneinander getrennt und haben nicht besonders viel miteinander zu tun.
Dadurch kommt es seltener zum Streit und die Beziehung ist harmonischer als bei anderen Konstellationen. Laut einer Studie ist die Beziehung zwischen dem großen Bruder und der kleinen Schwester mit etwa 4 Jahren Altersunterschied sogar am harmonischsten.
Die größte Nähe und der stärkste Zusammenhalt ist allerdings unter Schwestern zu beobachten. Das heißt aber nicht, dass sich zwei Mädchen weniger streiten. Hinzu kommt eine große Vorbildfunktion bei zwei Schwestern mit einem größeren Altersunterschied.
Einen Einfluss auf die kindliche Entwicklung hat außerdem die Geburtenreihenfolge der Geschwister. So sehr sich Eltern auch bemühen ihre Kinder gleich zu behandeln: unbewusst verfallen sie immer wieder in typische Muster. Von einem größeren Kind verlangen sie beispielsweise mehr Verantwortung und Vernunft, dem kleinen Geschwisterchen lassen sie öfter mal was durchgehen.
Psychologen haben herausgefunden, dass die Erstgeborenen, die Sandwich-Kinder dazwischen und die Nesthäkchen häufig über typische Eigenschaften verfügen. Erstgeborene Kinder genießen eine Zeit lang die uneingeschränkte Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Daraus entwickelt sich Studien zufolge oftmals eine große Lernbereitschaft und Perfektionismus. In der Geschwister-Beziehung nehmen sie häufig eine dominante Rolle ein.
Die Nesthäkchen wollen am liebsten mit dem großen Geschwisterkind mithalten und sind deshalb oftmals mutiger und risikofreudiger. Schließlich haben sie in frühen Jahren schon viel vom großen Bruder oder der großen Schwester abgeguckt und gelernt.
Die mittleren Geschwister, auch Sandwich-Kinder genannt, sitzen oft zwischen den Stühlen und müssen um die Aufmerksamkeit der Eltern buhlen. Die meisten dieser Kinder suchen sich deshalb viele Freundschaften außerhalb der Familie und sind sehr offen.
Geschwisterbeziehung bei Zwillingen
Zwillingen wird eine ganz besonders innige Beziehung nachgesagt. Gerade bei eineiigen Zwillingen spielen die Gene eine wichtige Rolle: Durch eine Übereinstimmung des Erbguts von 100 Prozent, sind sich Zwillinge in ihrer Persönlichkeit sehr ähnlich und fühlen sich dadurch häufig enger miteinander verbunden als andere Geschwister. Zum Vergleich: Bei zweieiigen Zwillingen und «normalen» Geschwistern liegt die Übereinstimmung bei 50 Prozent.
Aber verstehen sich Zwillinge deshalb besser als andere Geschwisterkinder? Genau wie bei anderen Geschwistern liegen Liebe und Zusammenhalt, Neid und Hass ganz nah beieinander. Deutsche Wissenschaftler fanden in einer Studie heraus, dass auch bei Zwillingen das Geschlecht eine wichtige Rolle spielt: Wie auch bei anderen Geschwisterkindern war die Beziehung unter Schwestern harmonischer als bei Brüdern.
Fazit
- Geschwister-Beziehung ist die längste im Leben eines Menschen
- Wirkt sich positiv auf die soziale Kompetenz aus
- Großer Bruder, kleine Schwester: Die harmonischste Konstellation
- Je kleiner der Altersabstand, desto höher ist die Rivalität
- Größte Verbundenheit herrscht unter Schwestern