Ist es normal, wenn Kinder mit Essen spielen? – Die Hände sind mit Brei verschmiert, der Tisch ebenso, Erbsen und Karotten kullern über den Boden: Sicher sind Sie davon wenig begeistert.Doch warum macht Ihr Kind das und wie reagieren Sie am besten?
Mit Essen spielen – für Kleinkinder normal
Möglicherweise war es bereits eine Herausforderung, Ihr Baby so zu füttern, dass der Brei im Mund statt in der Umgebung landet. Sobald Ihr Kind anfängt, selbst zu essen, wird es noch chaotischer. Es muss den Sinn und Zweck der Nahrungsaufnahme noch erkennen und herausfinden, wie sie zielsicher in den Mund geführt wird. Dass dies spielerisch erfolgt, ist entwicklungsbedingt und völlig normal.
Kinder nutzen ihre Hände, um alles zu untersuchen, so auch das Essen vor ihnen. Unter dieser „Art zu essen“ versteht man die Begrifflichkeit Baby led weaning, bei der dem Baby freie Hand in der Nahrungsaufnahme gelassen wird. Beim Konzept des Baby led weaning, also Beikost nach Bedarf, geht es um die Entdeckung fester Nahrung durch das Kind selbst – ohne Füttern und ohne Brei.
Mit Beginn des siebten Lebensmonats sollte dem Kind Beikost angeboten werden, denn ab diesem Zeitraum ist es in der Lage, die Sache im wahrsten Sinne des Wortes selbst in die Hand zu nehmen und sich zu füttern. Die Entscheidung, die angebotene Beikost zu probieren (oder auch nicht) bleibt allein beim Kind. Die Hauptnahrungsquelle und Zulieferer aller wichtigen Nährstoffe bleibt im ersten Lebensjahr die Milch, d.h. Muttermilch oder Muttermilchersatznahrung (Pre-Nahrung) nach Bedarf!
Panscht ein kleines Kind im Brei, erkundet es dessen Konsistenz. Lässt es die Erbsen über den Tisch kullern, probiert es aus, was sich mit den kleinen runden Dingern so anfangen lässt. Auf diese Weise erfährt es auch, dass sich beispielsweise Kartoffeln einfach mit den Fingern zermatschen lassen. Dieses Erkunden beginnt schon, wenn Babys noch gefüttert werden, und setzt sich mit den ersten Versuchen, selbst zu essen, fort.
Weitere Ursachen
Neben diesem Entwicklungsprozess gibt es andere Ursachen für das Spielen mit dem Essen. Es kann sich Desinteresse, Langeweile oder Frustration dahinter verbergen, vielleicht hat Ihr Kind einfach keinen Hunger oder es hat gar eine negative Assoziation zum Essen entwickelt.
Desinteresse am Essen entsteht schnell, wenn die Umgebung zu viel Ablenkung bietet. Läuft der Fernseher oder bewegen sich andere Familienmitglieder geschäftig in der Umgebung des Kindes, ist das wesentlich interessanter als das Essen auf dem Teller. Gedankenverloren matscht das Kind darin herum, während es das Geschehen um sich herum beobachtet.
Ein ähnliches Verhalten kann es aus Langeweile zeigen. Überlassen Sie Ihr Kind in seinem Hochstuhl mit dem Essen sich selbst, ist es gezwungen, sich irgendwie zu beschäftigen. Das kann in ein lebhaftes Spiel ausarten, denn es kennt weder den Wert der Lebensmittel noch den Sinn der Nahrungsaufnahme. Unbeachtet am Tisch zu sitzen und zu essen, damit ist ein Kleinkind noch völlig überfordert.
Selbst, wenn es versucht, sich die Nahrung in den Mund zu führen, klappt das zunächst koordinatorisch noch nicht so richtig. Dann entsteht schnell Frustration und es spielt lieber mit dem Essen, als weitere vergebliche Versuche zu starten. Ebenso kann es sich in einer Trotzreaktion verhalten.
Hat Ihr Kind keinen Hunger, wird es sich ebenfalls eher zum Spielen als zum Essen entscheiden. Es erkennt keinen Sinn darin, sich Nahrungsmittel zuzuführen, wenn der Körper meldet, dass er satt ist. Daneben ist es natürlich möglich, dass Ihr Kind sich eines Hungergefühls noch gar nicht bewusst ist – es muss den Zusammenhang zwischen Hunger und Essen erst lernen.
Eine negative Assoziation zum Essen kann sich entwickeln, wenn es bei den Mahlzeiten häufiger eine unangenehme Atmosphäre erlebt oder die Fütterung mit Druck verbunden ist. Reagieren Eltern ungehalten, weil das Kind ständig den Kopf wegdreht und sich weigert, den Mund aufzumachen, schimpfen womöglich gar oder regen sich lautstark auf, wenn nahezu der gesamte Brei in der Umgebung landet, wird das Essen zu einer unangenehmen Erfahrung.
Das kann dazu führen, dass die Nahrung lieber in der Gegend herumgeworfen wird, schlimmstenfalls aber auch in einer ernsthaften Essstörung enden.
Was tun?
Achten Sie frühzeitig darauf, Ihrem Kind eine Esskultur vorzuleben, die Sie später auch von ihm erwarten. Dazu zählen regelmäßige Mahlzeiten, die die Familie gemeinsam einnimmt. Schaffen Sie eine angenehme, entspannte Atmosphäre, nehmen Sie sich Zeit und vermeiden Sie Ablenkungen wie den laufenden Fernseher.
Während der Mahlzeiten sollte das Hauptaugenmerk aller Anwesenden bei der Nahrungsaufnahme liegen, außerdem bieten sie Gelegenheit zum entspannten Zusammensein in familiärer Runde, bei der natürlich lockere Gespräche erlaubt, Auseinandersetzungen aber fehl am Platz sind.
Zwingen Sie Ihr Kind nicht zum Essen, es soll schließlich etwas Positives damit verbinden. Das gelingt am besten im Spiel. Es mag widersprüchlich klingen, Sie nutzen und fördern dabei aber die natürliche Neugier und den Forscherdrang. Lassen Sie es die Nahrung mit den Fingern erkunden, wie Spielsachen landet diese früher oder später im Mund. So erfährt Ihr Kind, dass manches «Spielzeug» lecker sein kann, während die Holzrassel doch recht geschmacklos ist, Sinne und Geschmacksnerven werden geschult.
Für ein- und zweijährige Kinder ist das Hantieren mit Besteck noch recht schwierig, sie möchten aber in der Regel die Großen nachahmen. Es ist daher recht sinnlos, zu verbieten, mit den Fingern zu essen, ebenso möchten und müssen Kinder die Nutzung des Bestecks jedoch lernen, sollten also bei Interesse ein Kinderbesteck verwenden dürfen. Klappt das anfangs nicht so richtig und wird daraufhin mit dem Essen gepanscht, ermutigen Sie Ihr Kind und bieten ihm Hilfe an.
Erklären Sie ihm, dass es durchaus die Finger benutzen darf, aber nicht dazu, das Essen herumzuwerfen. Sie können außerdem versuchen, ob Ihr Kind vielleicht mit mehr oder weniger zerkleinerter Nahrung besser zurechtkommt – einige bevorzugen mundgerechte Häppchen, andere zupfen sich lieber selbst kleine Portionen von einem Stück Fleisch oder dem Gemüse ab.
Es ist recht schnell zu erkennen, ob ein Kind wirklich mit dem Essen spielt oder etwas daneben landet, weil es noch unbeholfen agiert. In letzterem Fall richtet sich die Konzentration darauf, die Nahrung zum Mund zu führen, in ersterem, sie beliebig zu verteilen.
Ein- bis zweijährige Kleinkinder leben so zwar ihren Forscherdrang aus und das sollte keinesfalls unterbunden werden, schrittweise können sie aber an den Unterschied zwischen Spiel und Nahrungsaufnahme herangeführt werden. Zudem haben sie irgendwann ausreichend Erfahrung zu Konsistenz und Geschmack verschiedener Nahrungsmittel gesammelt und müssen diese nicht mehr erforschen.
Beobachten Sie auch, wann Ihr Kind satt ist und zwingen Sie es nicht, eine bestimmte Menge zu essen – der Hunger ist nicht jeden Tag gleich groß. Oft fangen Kinder an, im Essen herumzustochern oder damit zu spielen, sobald der Hunger gestillt ist. Dann können Sie ihm sagen, dass es satt ist und den Teller wegstellen.
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- Baby led weaning ist eine recht neue Form der Beikosteinführung, die ich mit Erfolg in meiner Tätigkeit als Nachsorgehebamme beobachten kann.
- Lassen Sie Ihr Kleinkind das Essen mit den Fingern erkunden. Die babygesteuerte Beikosteinführung fördert das Interesse Ihres Babys an verschiedenen Nahrungsmitteln.
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.