Wieviel Hygiene brauchen Babys und Kleinkinder? – «Nicht nur sauber, sondern rein.» Viele Eltern machen sich Sorgen, dass ihr Kind krank werden könnte, sobald es mit Schmutz in Berührung kommt.
Spätestens, wenn ihr Baby beginnt, auf dem Boden herumzukrabbeln, schwingen die meisten Eltern den Putzlappen viel häufiger als sonst. Dabei vergessen sie oft, dass die größten Keimschleudern in der Küche lauern.
Doch welches Maß an Hygiene im Haushalt ist angemessen? Muss wirklich immer alles absolut keimfrei sein?
Allgemeine Hygiene im Haushalt mit Baby
Babys und Kleinkinder sind anfälliger für Infektionskrankheiten als Erwachsene. Weil die Abwehrkräfte noch nicht voll entwickelt sind, können Infektionen auch schwerer verlaufen. Deshalb ist es grundsätzlich wichtig, die Kleinen vor Krankheitskeimen zu schützen und in deren Umfeld auf Sauberkeit zu achten. Nicht zuletzt infolge der guten hygienischen Bedingungen ist in den Industrieländern die Kindersterblichkeit aktuell sehr niedrig.
Allerdings warnen Experten zunehmend vor übertriebener Hygiene im Haushalt. Eltern, die mit scharfen chemischen Reinigern eine praktisch keimfreie Baby-Umgebung erzeugen und jeglichen Schmutz von ihrem Liebling konsequent fernhalten, nehmen dem kindlichen Immunsystem die Chance, auszureifen und stark zu werden.
Kinderärzte sind sogar der Meinung, dass der mangelnde körperliche Kontakt von Babys und Kleinkindern mit ihrer natürlichen Umwelt ein Grund für die drastische Entwicklung von Allergien ist.
Weil Sie Ihr Baby durch besondere Hygienemaßnahmen einerseits schützen sollten, das kindliche Abwehrsystem zugleich aber auch Kontakt mit Bakterien benötigt, um sich richtig entwickeln zu können, gelten hinsichtlich der Sauberkeit, gerade während der ersten drei Lebensjahre, besondere Regeln.
Allgemeine Hygiene in der Küche
Längst ist bewiesen, dass nicht Toilettenbrillen, sondern Spülschwämme, gefolgt von Kühlschränken die ultimativen Brutstätten krankmachender Keime sind. Gerade in der Küche, wo Lebensmittel aufbewahrt und Mahlzeiten zubereitet werden, muss jedoch größtmögliche Hygiene herrschen.
Wichtige Tipps:
- Vor und nach dem Zubereiten von Mahlzeiten Hände waschen!
- Arbeitsflächen, Schneidebretter und Kochutensilien mit heißem Wasser und Spülmittel reinigen. Holzgegenstände an der Luft trocknen lassen.
- Auf Spülschwämme verzichten.
- Spülbürste regelmäßig in der Spülmaschine reinigen oder zumindest einmal pro Woche auskochen.
- Lappen, Geschirrtücher und Handtücher täglich wechseln.
- Spülbecken konsequent putzen.
- Mülleimer am besten täglich leeren und wöchentlich einmal gründlich auswaschen.
- Fleisch-, Fisch und Eierspeisen gut durchgaren.
- Kühlschranktemperatur regelmäßig kontrollieren (sie sollte unter 7 °C liegen). Kühlschrank ca. ein Mal im Monat mit Essigwasser auswaschen und zwei Mal pro Jahr vollständig abtauen.
Hygiene bei Fläschchen, Saugern und Kindergeschirr
Im ersten Lebensjahr benötigt das Immunsystem Ihres Babys noch besondere Unterstützung. Um Keime sicher abzutöten, sollten Schnuller und Flaschensauger täglich im Dampfgerät sterilisiert oder ausgekocht werden. Bis zu Beginn des Krabbelalters gilt das auch für alle Fläschchen und Trinklerntassen, weil sich gerade an deren Böden Keime besonders gern ansiedeln.
Danach genügt es, das Fläschchen mit dem übrigen Geschirr in die Spülmaschine zu geben und bei 60 °C zu reinigen. Sofern Sie keine Spülmaschine besitzen, sollten Sie den Abwasch möglichst bald nach der Mahlzeit erledigen. Dann haben Keime und Bakterien erst gar keine Chance sich zu vermehren.
Ab dem zweiten Lebensjahr ist es ausreichend, Sauger und Schnuller mit heißem Wasser und etwas Spülmittel zu säubern. Damit keine Spülmittelreste zurückbleiben, ist gründliches Nachspülen unter fließendem Wasser wichtig. Keinesfalls sollten Sie heruntergefallene Schnuller oder Breilöffel zum «Reinigen» in den Mund nehmen oder abschlecken. So können nämlich Kariesbakterien in den Mund Ihres Babys gelangen.
Die Wohnung
Egal, was Ihnen die Werbung einredet: Selbst wenn Ihr Baby noch sehr klein ist, sind grundsätzlich keine Desinfektionsorgien notwendig. Am besten putzen Sie, was notwendig ist, mindestens jedoch einmal pro Woche gründlich – das genügt.
Selbstverständlich fallen in einem Haushalt mit kleinen Kindern mehr Krümel auf den Boden oder es kleckert Brei daneben. Deshalb wird sich auch die Putzfrequenz gegenüber der Zeit ohne Kind sicherlich ein wenig erhöhen. Ansonsten wischen und saugen Sie, wie zuvor auch.
Inzwischen ist bewiesen, dass antibakterielle Reiniger und Desinfektionsmittel in Krankenhäusern, manchen sozialen Einrichtungen oder bei Epidemien selbstverständlich ihre notwendige Berechtigung haben. In der normalen Haushaltsreinigung haben sie jedoch nichts zu suchen.
Die aggressiven chemischen Inhaltsstoffe, egal ob als Partikelrückstände oder als Dämpfe, schaden Babys und Kleinkindern eher, als dass sie nützen. Verwenden Sie für Ihren Haushalt und das Babyzimmer heißes Wasser und gegebenenfalls einen Reiniger, der vollständig biologisch abbaubar ist.
Hygiene beim Spielen
Sicherlich haben Sie als Kind oft den Spruch «Dreck reinigt den Magen!» gehört. Obwohl ein Körnchen Wahrheit darin steckt, gilt das Motto nicht generell. Kinder bis zum dritten Lebensjahr nehmen beinahe alles in den Mund. Was sich in den eigenen vier Wänden recht unproblematisch darstellt, weil Sie dort die Kontrolle über den Sauberkeitszustand der angelutschten oder abgekauten Dinge haben, kann im Garten oder auf dem Spielplatz ganz anders sein.
Es ist völlig normal, wenn Ihr Kind beim Spielen mal etwas Erde oder Sand in den Mund nimmt. In der Regel besteht hierbei auch kein erhöhtes Infektionsrisiko. Und falls Ihr kleiner Schmutzfink mal besonders viel Spaß beim Matschen hatte, genügt ein Bad am Abend, um den Dreck wieder vom Körper verschwinden zu lassen.
Es gibt allerdings Dinge, die sollten für den Kindermund absolut tabu sein. Hierzu zählt beispielsweise der Mülleimerinhalt, das Katzenklo oder der Schlüsselbund, welcher schon durch zahlreiche Hände gegangen ist.
Fazit
- Hygiene im Haushalt mit Baby oder Kleinkind ist wichtig, «vom Boden essen können» allerdings nicht notwendig.
- Antibakterielle Spülmittel und desinfizierende Reiniger sind im Normalhaushalt überflüssig, schlimmstenfalls sogar schädlich.
- Ein sensibler Bereich im Haushalt ist die Küche. Hier ist Hygiene extrem wichtig.
- Ansonsten ist eine natürliche Dosis Schmutz nicht gefährlich.
- Der Kontakt mit harmlosen Bakterien und Keimen ist für die Ausbildung eines starken Immunsystems sogar wichtig.
- Stillen ist eine hervoragende Sache in punkto Hygiene: die Muttermilch wird hygienisch sauber gereicht und hat gleichzeitig die richtige Temperatur. Außerdem schützen Antikörper und Immunglobuline als Inhaltsstoffe der Muttermilch das Baby vor vielen Infektionen.
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.