Grundsätzliche Verbote halten viele Pädagogen für den falschen Weg – Smartphone, iPad, Fernseher, Spielkonsole – Medien sind zu einem festen Bestandteil des Lebens geworden und für viele Kinder selbstverständlich.
Expertenmeinungen zu iPad & Co
In Deutschland beschäftigen sich verschiedene Initiativen mit dem Medienkonsum von Kindern, so auch «SCHAU HIN!»: http://www.schau-hin.info/. Eltern erhalten hier Informationen und Tipps zum sinnvollen Umgang mit Medien.
Die «Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur» hingegen argumentiert gegen solch pauschale Richtlinien, da Kinder zu individuell veranlagt seien. Neben der täglichen Nutzungsdauer müsste die Art des Umgangs berücksichtigt werden. Auch sei ausschlaggebend, wie die Kinder sich sonst noch beschäftigen.
Kinder sollten durch Sinnesanregungen und Interaktion mit der Umwelt lernen. Tablets, Smartphones und Fernseher können das nicht übermitteln. Es ist daher wichtig, dass sie draußen spielen und sich kreativ beschäftigen.
Das Erlernen sozialer Werte und die Entwicklung der Kommunikationsfähigkeit ist nach Ansicht der Experten ebenfalls nur im realen Leben möglich.
Andererseits ist es wichtig, Kindern den richtigen Umgang mit Medien zu vermitteln. Grundsätzliche Verbote halten viele Pädagogen für den falschen Weg.
Mobile Geräte – ab welchem Alter?
«SCHAU HIN!» rät Eltern, ihre Kinder vorrangig die reale Welt erkunden und begreifen zu lassen. Frühestens ab einem Alter von drei Jahren sollte Ihr Kind die Möglichkeit haben, gemeinsam mit Ihnen mobile Geräte wie Smartphones oder Tablets kennenzulernen und auszuprobieren.
Zum Besitz eines eigenen mobilen Gerätes wird erst ab einem Alter von elf Jahren geraten. Dann sei es aber wichtig, feste Regeln zur Nutzung aufzustellen. So müsse es selbstverständlich sein, dass das Gerät zu bestimmten Zeiten oder bei bestimmten Aktivitäten nicht dabei ist. Mehr als eine Stunde am Tag sollte es in diesem Alter nicht genutzt werden.
Grundsätzlich sollten sich Eltern dafür interessieren, mit wem das Kind in Kontakt ist und für welche Aktivitäten es sein mobiles Gerät konkret nutzt. Dabei gilt es auch, das Kind für den Umgang mit persönlichen Daten zu sensibilisieren. Andere Aktivitäten sollten außerdem einen festen Platz im Leben einnehmen.
Um einer unerwünschten Nutzung vorzubeugen, bieten sich spezielle Schutzmaßnahmen an: An modernen mobilen Geräten lassen sich Sicherheitseinstellungen für Kinder vornehmen und Jugendschutz-Apps installieren.
Umgang mit dem Fernseher
Einen sensiblen Umgang empfiehlt die Initiative auch für den Fernseher, wobei geraten wird, Sendungen stets gemeinsam anzusehen. So gerät das Kind nicht in eine Isolation und Sie haben Gelegenheit, die Sendungen zusammen auszuwählen. Zugleich erfahren Sie, wie Ihr Kind darauf reagiert und können darüber sprechen.
Bei Kindern unter drei Jahren wird vom Fernsehen abgeraten, mindestens bis zu einem Alter von elf Jahren sollte eine eigenständige Nutzung des Gerätes nicht möglich sein.
Für die Zeiten gibt es ebenfalls Empfehlungen: Von drei bis fünf Jahren sollte maximal eine halbe Stunde täglich gelten, bis zu einem Alter von neun Jahren sollte eine Stunde nicht überschritten werden. Anschließend, so der Tipp, können Sie eine wöchentliche Nutzungsdauer von maximal neun bis zehn Stunden vereinbaren, die Sie zusammen mit Ihrem Kind einteilen.
Achten Sie bei der Auswahl der Sendungen auf die Altersfreigabe und die Übermittlung positiver Inhalte, Reizüberflutungen sollten Sie grundsätzlich vermeiden. Dazu zählt insbesondere Werbung.
Wie bei der Nutzung von Smartphone und iPad gilt auch für das Fernsehen, dass ausgleichende Aktivitäten angeboten werden sollten.
Medien sind keine Babysitter
Es mag bisweilen praktisch sein, das Kind vor den Fernseher zu setzen oder ihm ein iPad in die Hand zu geben. So ist es ruhig und beschäftigt, Sie haben Zeit für andere Dinge.
Auf diese Weise lernt Ihr Kind aber weder einen verantwortungsvollen Umgang damit noch haben Sie eine Möglichkeit der Einflussnahme. Die Mediennutzung ist auch keine geeignete Belohnung, ebenso sollte die Androhung des Entzugs nicht als Druckmittel eingesetzt werden.
Entwicklungsförderung durch digitale Technik?
Puppen, Kuscheltiere und andere Dinge werden in den Augen kleiner Kinder beim Spielen lebendig. Es werden reale Situationen nachgespielt oder Fantasieszenen ausgedacht – mit ihnen kann zum Mond oder auf eine Zauberinsel geflogen werden, den kreativen Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Das Kind entscheidet – auch, wann ein Spiel zu Ende ist.
Anders verhält es sich bei digitalen Medien: Sie vermitteln den Eindruck, als würden sie denken, loben, wenn eine Aufgabe richtig gelöst wurde, und freuen sich scheinbar, wenn sie ein Spiel gewonnen haben. Für Kreativität bleibt hier allenfalls in einem gewissen Rahmen Raum, die Regeln werden vorgegeben.
In der Medienpädagogik, die sich mit den verschiedenen erzieherischen Aspekten des Medienkonsums befasst, wird dies kritisch betrachtet: Die Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten kann darunter leiden. Dazu zählen unter anderem die Wahrnehmungs-, Ausdrucks- und Konzentrationsfähigkeit.
Durch die Nutzung digitaler Medien wird vor allem die Verarbeitung visueller Informationen gefördert. Dies, sind Kritiker der Ansicht, wirke dem natürlichen kindlichen Erleben der Welt über Sinneseindrücke entgegen. Das analytische Denken könnte davon zwar profitieren, Fantasie und Kreativität hingegen würden verkümmern. Im späteren Leben könnte dies die erforderliche Flexibilität im Umgang mit den unterschiedlichsten Situationen beeinträchtigen.
Medienkonsum und Gesundheit bei Kindern
Sicher macht die Mediennutzung alleine Kinder nicht krank. Gesundheitliche Risiken bestehen aber bei einem nicht kind- und altersgerechten Umgang damit.
Kinder, die viel vor dem Fernseher sitzen oder sich mit ihrem iPad beschäftigen, haben weniger Bewegung als andere. Neben einem geschwächten Immunsystem können sich Haltungsschäden einstellen.
In der Folge leiden die körperliche Leistungsfähigkeit und die Motorik, auch die Selbstwahrnehmung kann beeinträchtigt werden. Es können sich Konzentrations- und Schlafstörungen einstellen.
Des Weiteren kann der übermäßige Medienkonsum bereits bei Kindern zu sozialer Isolation führen. Sie treffen sich weniger mit Spielkameraden und gestalten ihre Freizeit nicht mehr aktiv. Die Sinneswahrnehmungen können dadurch ebenso verkümmern wie Fähigkeit, sich mit verschiedenen Menschen und Situationen auseinanderzusetzen.
Sinnvolle Nutzung von Medien
Eine Verteufelung des Medienkonsums bei Kindern wäre so falsch wie ein striktes Verbot. Negative psychische und physische Folgen sind nur zu erwarten, wenn ein vielseitiges Freizeitangebot als Ausgleich fehlt und die Nutzung nicht kindgerecht ist.
Es spricht nichts dagegen, wenn Ihr Kind zusammen mit Ihnen ein Malprogramm am iPad ausprobiert, Sie gemeinsam verschiedene Aufgaben lösen oder es auch mal ein Spiel spielen darf. Geeignete Kindersendungen an sich richten ebenfalls keinen Schaden an. Im Gegenteil: Ihr Kind lernt so die sinnvolle Integration der Medien in den Alltag und deren bewusste, eigenverantwortliche Nutzung.
Medienpädagogen empfehlen daher: Lassen Sie Ihr Kind nicht mit iPad und Fernseher alleine und gestalten Sie den übrigen Tag ansprechend, planen Sie kreative Tätigkeiten ein, gehen Sie gemeinsam in die Natur.
Fazit
- Gehen Sie verantwortungsvoll mit Medien um, führen Sie Ihr Kind langsam heran und wählen Sie digitale Inhalte oder Fernsehsendungen sorgfältig aus.
- Kein Medienkonsum für Kinder unter drei Jahren
- Bis elf Jahren gelegentliche gemeinsame Nutzung digitaler Medien
- Von drei bis fünf Jahren täglich eine halbe Stunde fernsehen
- Von fünf bis neun Jahren eine Stunde nicht überschreiten
- Ab neun Jahren zusammen wöchentlichen Nutzungsplan aufstellen
- Seien Sie stets Vorbild
- Kontrolle ist in jedem Fall wichtig! Zeigen Sie sich dennoch interessiert und bleiben Sie auf dem Laufenden
- Achten Sie darauf, welche Apps Ihr Kind auf dem Handy hat. Sind diese nur Masken oder verbirgt sich etwas dahinter
Dieser Artikel wurde von unserem Expertenteam geprüft.